In diesem Artikel geht es um die 70% die eine Session wirksam machen – und die anderen 30%:
- 30 % der Wirkung einer Behandlung entsteht durch die Techniken, die wir nutzen
- 70 % entstehen durch das Setting und die Beziehung zwischen Klient und Behandler – die sogenannte therapeutische Allianz.
Und das gilt unabhängig davon, was für Behandlungen wir anbieten:
- Wellness-Massagen, in denen es um die Entspannung und das Wohlbefinden geht
- medizinische Behandlungen, in denen es häufig um Schmerz-, Symptom- bzw. und Problembeseitigung geht
- ganzheitliche Behandlungen, in denen es um unser ‘Ganz Mensch Sein’ geht – individuell angepasst an das, was es wirklich braucht von ursächlicher Genesung bis persönlicher Entwicklung.
Was sind die Faktoren, die Einfluss auf unsere Behandlungen haben?
Die Faktoren, die mit 70% den größten Einfluss auf den Erfolg unserer Behandlungen haben, sind die oft als “Soft-Skills” bezeichneten Punkte, wie
- das Vertrauen in den Rahmen und die Kompetenz des Behandlers
- die Qualität der Beziehung (therapeutische Allianz)
- das Gefühl von Sicherheit und dass der Therapeut mich wahr – und ernst nimmt
- …
Ja, unsere Techniken, Tools und Behandlungen sind auch wichtig, 30 % unserer Wirkung kommen durch die Techniken, die wir nutzen
- die strukturelle Arbeit mit den Problembereichen
- die Präzision unserer Techniken, ob Hands on oder kommunikativ
- das Erkennen von Zusammenhängen und Behandlungsansätze auswählen können
- …
Doch wenn wir die 70 Prozent missachten, keine gute Beziehung mit unseren Klienten haben und dann versuchen mit besonders “gut gemachten Techniken” Resultate zu erzielen… dann stellen wir uns selbst vor Sisyphos-Aufgaben.
Die Forschung hinter dem Prinzip:
Wir versuchen mit diesem Prinzip etwas in einfache Worte zu fassen, was in der Physiotherapie, Osteopathie und sogar auch Psychotherapie Forschung seit Jahrzehnten untersucht wird.
In dutzenden Studien (und Meta-Studien), in denen versucht wurde herauszufinden “was denn nun die wirkungsvollsten Techniken, Behandlungen oder Methoden sind, mussten sich die Forscher (die meist versucht haben zu zeigen, dass IHR Ansatz der Richtige ist) eingestehen, dass es statistisch keinen messbaren Unterschied zwischen Ansatz A & B, Technik X & Y gab.
Was aber immer wieder herauskam war, dass der Unterschied der Beziehung und Kommunikation während der Studie (wie wohl haben sich die Teilnehmer während der Studie gefühlt, wie hat der Studienleiter die Übungen kommuniziert…) einen 3-12 mal größeren Einfluss auf die Ergebnisse hat, als die unterschiedlichen Techniken, die genutzt wurden.
Die 70-30 Regel betont diesen Unterschied und fordert uns auf, darauf zu achten, wie wir diese mindestens 70 Prozent der Behandlung gut nutzen können.
KURS
Beziehung – der Schlüssel zur Körper- & Traumaarbeit
Dieser Kurs lehrt praktische Tools und Prinzipien, um ein Setting zu kreieren, das sicher genug für die Arbeit mit Trauma ist.
Ein Beispiel aus der Praxis:
Der gleiche Sachverhalt ist auch intuitiv gut zu begreifen:
Stell Dir vor, Du gehst zu einer Massage. Dir wird von der Frau am Tresen gesagt in welches Zimmer Du gehen kannst, wo Du Dich schonmal entkleiden sollst.
Jetzt liegst Du da, in einem weißen Raum, unbekleidet, mit Deinem Gesicht in einem engen Nasenschlitz dieser Kunstleder Massagebank.
Es ist etwas kühl und nach 5 Minuten kommt, eine Dir unbekannte, Person in den Raum. Sie tatscht Dir auf die Schulter und beginnt Dich zu massieren, begleitet von den Worten “Jetzt entspannen Sie sich”.
Was fast schon ein Ausschnitt aus einem Horrorfilm sein könnte, ist leider recht normal in Physiopraxen und Massagesalons.
Und das vollkommen ohne böse Absicht, sondern als logische Folge stark mechanischer Behandlungsansätze, die häufig gelehrt werden. Dann versetzen wir uns nicht in die Menschen hinein, sondern folgen den Techniken und Regeln des Ansatzes.
Zusätzlich gibt es kaum Zeit oder Tools für Körperarbeiter, um den wichtigen zwischenmenschlichen Raum so zu gestalten, dass dieser Vertrauen, Sicherheit und dadurch nachhaltige Veränderung unterstützt.
Das ist sehr schade, denn ohne das können wir technisch noch so gut sein, noch so präzise arbeiten und uns bemühen – wenn das Setting nicht passt, ist es nahezu unmöglich, nachhaltigen (Behandlungs-) Erfolg zu haben, Klienten in Ihrer Heilung & Entwicklung zu unterstützen.
Wenn 70 Prozent des Settings nicht wirklich passen, können die anderen 30 Prozent das nicht ausgleichen.
- In einer Wellnessmassage: Wenn ich mich nicht aufgehoben und sicher fühle, wird es sehr schwer mich zu entspannen und meine Anspannung loszulassen. Egal welche Techniken der Behandler nutzt.
- In einer medizinischen Anwendung: wenn wir keine klare Vereinbarung haben, der Klient keine Eigen-Motivation für die Behandlung und Offenheit den neuen Ansätzen gegenüber hat, wird es schwer sein, neue Erfahrungen zu machen und die Wahrscheinlichkeit, dass diese durch Eigenübungen integriert werden ist sehr gering.
- In der ganzheitlichen Behandlung, besonders auch Trauma- & Körpertherapie, ist die Beziehung sogar noch wichtiger – aber dazu kommen wir im nächsten Artikel.
Die gute Nachricht: Das können wir lernen
Wir können Fähigkeiten aufbauen, um den Rahmen mit Klienten so zu gestalten, dass die 70 Prozent einer Behandlung für uns wirken – für Klient & Behandler:
Dies umfasst Fähigkeiten, wie
- Das Vorbereiten des Raumes – Achten auf Temperatur, Dekoration, Anordnung der Möbel etc.
- Das Führen eines professionellen Vorgesprächs – Kontaktangebote und Klären von Wünschen, unterstützt durch Körpersprache, gezielte Fragen und einfache Kommunikationstools
- Das Maßschneidern der Behandlung entsprechend den Wünschen, Ressourcen und Problemen des Klienten – sowohl in der Form des Kontakts, der Berührungsqualitäten als auch der Techniken, die wir nutzen
- Das Vertiefen der Beziehung während der Behandlung – sowohl Hands-on als auch im Gespräch.
Dies werden wir in den nächsten Wochen weiter behandeln, hier sind einige Artikel, die es dazu schon gibt:
- https://holistic-bodywork.org/blog-3-coaching-tools-fuer-koerperarbeiter/
- https://holistic-bodywork.org/blog-yoga-im-spagat-zwischen-sport-und-spiritueller-praxis/
Für uns sind „diese 70%” essentieller Bestandteil in all unseren Behandlungen, Kursen und Ausbildungen im Bereich der ganzheitlichen Körperarbeit.